Welche Kosten fallen in einem Arbeitsgerichtsprozess an?

Eine gerichtliche Auseinandersetzung vor den Arbeitsgerichten ist grundsätzlich mit überschaubaren Kosten verbunden, da neben den Anwaltskosten, soweit sich die Partei überhaupt anwaltlich vertreten lässt, regelmäßig nur die Gerichtskosten anfallen. In den seltensten Fällen müssen in arbeitsgerichtlichen Prozessen - anders als zum Beispiel in vielen Bauprozessen - teure Sachverständige gehört werden.

Darüber hinaus einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer häufig bei den arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten auf einen Vergleich, was sie wiederum günstig auf die Gerichtskosten auswirkt.

Allerdings herrscht hinsichtlich der Kostenerstattung der Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der 1. Instanz vor den Arbeitsgerichten gegenüber den z.B. zivilgerichtlichen Verfahren eine Besonderheit. Während in einem zivilgerichtlichen Verfahren grundsätzlich immer derjenige, der den Prozess verliert, die Prozesskosten der obsiegenden Partei (Anwaltskosten, Gerichtskosten etc.) übernehmen muss, ist die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren in der 1. Instanz vor den Arbeitsgerichten weitgehend eingeschränkt.

In der 1. Instanz trägt jede Partei ihre gerichtlichen und außergerichtlichen Anwaltskosten selbst, ganz egal, ob er den Rechtsstreit gewonnen oder verloren hat. Mit dieser Bestimmung wollte man verhindern, dass ein wirtschaftlich schwächerer Arbeitnehmer von der Durchsetzung seiner Ansprüche aufgrund des Kostenrisikos absieht.

Verliert ein Arbeitnehmer seinen Gerichtsprozess gegenüber dem Arbeitgeber muss er nur seine eigenen Kosten tragen, nicht jedoch auch noch die Kosten des Arbeitgebers. Diese Bestimmung ist natürlich zweischneidig. Sie schützt den Arbeitnehmer, wenn er den Prozess verliert. Sie benachteiligt ihn jedoch, wenn er den Prozess gewinnt, weil er in diesem Fall gleichfalls seine eigenen Kosten wie Anwaltskosten, Verdienstausfall, etc. tragen muss, ohne diese auf den im Prozess unterliegenden Arbeitgeber abwälzen zu können. Gleichwohl ist diese Bestimmung verfassungsgemäß.

Diese Grundsätze gelten jedoch nur in der 1. Instanz. Ab der 2. Instanz bleibt alles bei den alten Grundsätzen, wonach die Partei, die im Prozess unterliegt, alle Kosten einschließlich derjenigen der anderen Partei übernehmen muss. Die Gerichtskosten trägt immer derjenige, der den Prozess verliert. Auch in der 1. Instanz vor den Arbeitsgerichten.

Im Beschlussverfahren (betrifft in erster Linie in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten mit dem Betriebsrat) ist das Gerichtsverfahren als solches grundsätzlich kostenfrei. Der Arbeitgeber hat jedoch seine eigenen Anwaltskosten zu tragen und falls sich der auf der Gegenseite stehende Betriebsrat ebenfalls anwaltlich vertreten hat lassen, zugleich diese Kosten in Anbetracht der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften zur Erstattung der notwendigen Kosten des Betriebsrates.

Die Höhe der Gerichtskosten als auch die Berechnung der Kosten eines hinzugezogenen Rechtsanwaltes richten sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren nach dem sogenannten Streitwert. Je höher der Streitwert, umso höher die Kosten. Das Arbeitsgericht setzt im Urteil den Streitwert fest. Bei den gängigsten Streitigkeiten im Arbeitsrecht haben sich in im allgemeinen folgende Streitwertberechnungen durchgesetzt, wobei von Landarbeitsgerichtsbezirk zu Landesarbeitsgerichtsbezirk auch Abweichungen bestehen können:

- Zahlungsansprüche
(z.B. rückständiger Lohn):
Höhe des eingeklagten Betrages
- Abmahnungsstreitigkeiten:
bis zu einem Bruttomonatsverdienst
- Kündigungsschutzklagen:
bis zu drei Bruttomonatsverdiensten
(Abfindungen werden nicht zum Streitwert hinzugerechnet)
- Änderungskündigungsstreitigkeiten:
bis zu max. drei Bruttomonatsverdiensten
- Zeugnisrechtsstreitigkeiten:
bis zu einem Bruttomonatsverdienst

Ist der Streitwert bestimmt, können die Gerichtskosten und Anwaltskosten berechnet werden.

Gerichtskosten:

Für die Berechnung der Gerichtskosten gibt es ein Kostenverzeichnis, aus dem man ablesen kann, wie hoch eine Gebühr bei dem jeweiligen Streitwert ist.

Streitwert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
Streitwert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
300
25
25000
311
600
35
30000
340
1200
55
40000
398
1500
65
45000
427
2000
73
50000
456
2500
81
65000
556
3000
89
80000
656
3500
97
95000
756
4000
105
110000
856
4500
113
125000
956
5000
121
140000
1056
6000
136
155000
1156
7000
151
170000
1256
8000
166
185000
1356
9000
181
200000
1456
10000
196
230000
1606
13000
219
260000
1756
16000
242
290000
1906
19000
265
320000
2056
22000
288
470000
2806

Bei einem Streitwert über 500.000 Euro erhöht sich die Gebühr für jeden angefangenen Betrag von weiteren 50.000 Euro um 150 Euro.

Wie viele Gebühren im einzelnen anfallen, hängt wiederum davon ab, wie viele Gebührentatbestände in dem Verfahren angefallen sind. Dies bestimmt sich im wesentlichen wieder danach, in welchem Umfang das Gericht in dem Verfahren tätig werden musste.

In der Regel gilt jedoch folgendes: Fällt das Arbeitsgericht ein Urteil, fallen üblicherweise zwei Gebühren an. Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch vor Gericht einen Vergleich und beenden damit das Verfahren ohne ein richterliches Urteil, entfallen die Gerichtskosten ganz.

Die Gerichtskosten sind immer erst am Ende einer Instanz fällig. Die Gerichtskosten müssen damit nicht bereits bei Klageerhebung bezahlt werden, sondern erst, wenn die jeweilige Instanz beendet ist. Vorschüsse fordert das Arbeitsgericht nicht an. Zu den Gerichtskosten können auch noch eventuelle Auslagen des Gerichtes (z.B. Schreibauslagen, etc.) hinzukommen.

Rechtsanwaltskosten

Das Honorar des Rechtsanwaltes ist abhängig vom Streitwert und vom Umfang seiner Tätigkeit. Wie viele Gebühren der Anwalt für welche Tätigkeit verlangen darf und wie hoch die vom Streitwert abhängige Gebühr ist, ist gesetzlich fest geregelt.

Die Gebühren des Rechtsanwaltes haben sich bislang nach der sog. Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAGO) bestimmt. Seit dem 01.07.2004 gilt für die Anwaltsgebühren ein neues Gebührenrecht, nämlich das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das die BRAGO ablöst.

Wie viele Gebühren der Rechtsanwalt nunmehr in Ansatz bringen darf, richtet sich nach dem Umfang seiner Tätigkeit in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren. Hierbei können in einer Instanz folgende Gebührentatbestände anfallen, wobei der Anwalt für alle Aufträge, die er bis zum 30.06.2004 angenommen hat, nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) und für alle Aufträge, die er ab dem 01.07.2004 angenommen hat, nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnet:

Abrechnung nach dem RVG (ab dem 01.08.2013)

Für alle Mandate, die der Anwalt angenommen hat, erhält er nach dem RVG folgende Gebühren:

- Für das Betreiben des Geschäfts als solches (Verfahrensgebühr)
(diese Gebühr fällt nur einmal an, wie viele Schriftsätze der Anwalt in dem Verfahren fertigt, ist völlig unerheblich)
1,3 Gebühren
- Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung (Terminsgebühr)
(diese Gebühr bekommt er nur einmal, egal wie viele Gerichtstermine stattfinden)
1,2 Gebühren
- Für die Mitwirkung bei dem Abschluss eines Vergleichs vor Gericht
  (Einigungsgebühr)
1,0 Gebühren

In einer Instanz können daher nach dem neuer RVG max. 3,5 Gebühren anfallen. Die Beweisgebühr, die nach der BRAGO noch bei einer erforderlichen Beweisaufnahme abgerechnet werden konnte, ist ersatzlos entfallen.

Hinzuzurechnen sind eine Auslagenpauschale des Rechtsanwaltes für Telefon und Porto in Höhe von max. 20 Euro sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer. Sind darüber hinaus noch Reisekosten des Anwaltes angefallen, sind diese gleichfalls zu erstatten. Wird gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes Rechtsmittel eingelegt, also z.B. Berufung zum Landesarbeitsgericht, geht der Rechtsstreit folglich in die nächste Instanz, können erneut wieder bis zu 3,5 Gebühren anfallen.

Wie hoch eine Gebühr ist, bestimmt sich nach dem Streitwert. Die nachfolgende Gebührentabelle gibt eine Übersicht:

Streitwert bis ... EURO
1 Gebühr = ... EURO
Streitwert bis ... EURO
1 Gebühr = ... EURO
300
45
40000
1013
600
45
45000
1088
1200
115
50000
1163
1500
115
65000
1248
2500
201
80000
1333
3000
201
95000
1418
3500
252
110000
1503
4000
252
125000
1588
5000
303
140000
1673
6000
354
155000
1758
7000
405
170000
1843
8000
456
185000
1928
9000
507
200000
2013
10000
558
230000
2133
13000
604
260000
2253
16000
650
290000
2373
19000
696
320000
2493
22000
742
350000
2613
25000
788
380000
2733
30000
863
410000
2853
35000
938
440000
2973
 
 
470000
3093
 
 
500000
3213

Bei einem Streitwert über 500.000 Euro erhöht sich die Gebühr für jeden angefangenen Betrag von weiteren 50.000 Euro um 150 Euro.

Beispiel: Dem Arbeitnehmer A wurde betriebsbedingt unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen zum 31.12. gekündigt. Er möchte sich gegen die Kündigung wehren und erhebt über seinen Anwalt fristgerecht Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Seine monatliche Bruttovergütung beträgt 2300 Euro. In der Güteverhandlung schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 5000 Euro aufgrund der betriebsbedingten Kündigung wirksam zum 31.12. endet. Wie hoch sind die Kosten des Verfahrens?

Gerichtskosten fallen keine an, da der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich beendet wurde. Die Anwaltskosten des Arbeitnehmers (und natürlich auch des Arbeitgebers, soweit er sich anwaltlich vertreten hat lassen) bestimmen sich nach dem Streitwert. Der Streitwert bei einem Kündigungsschutzprozess beläuft sich auf drei Bruttomonatsgehälter und damit auf 6900 Euro. Bei einem Streitwert von 6900 Euro beträgt eine Rechtsanwaltsgebühr nach der obigen Tabelle 375 Euro.

Abrechnung nach RVG:

Insgesamt erhält der Rechtsanwalt 3,5 Gebühren und zwar: 1,3 Gebühren für das Betreiben des Geschäfts als solches (Verfahrensgebühr), 1,2 Gebühren für die Teilnahme an dem Gerichtstermin und 1,0 Gebühren für das Mitwirken an dem Vergleich.

Verfahrensgebühr 375 EUR x 1,3
= 487,50 EUR
Terminsgebühr 375 EUR x 1,2
= 450,00 EUR
Vergleichsgebühr 375 EUR x 1,0
= 375,00 EUR

Insgesamt erhält der Anwalt damit ein Honorar in Höhe von 1312,50 EUR zzgl. einer Auslagenpauschale von max. 20 EUR sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer.

Besteht eine Rechtsschutzversicherung, die sich auch auf arbeitsgerichtliche Streitigkeiten erstreckt, werden die Kosten des Rechtsstreites von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Um seine Erstattungsansprüche aus der Rechtsschutzversicherung nicht zu gefährden, muss unbedingt vor Beginn des Rechtsstreites die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung eingeholt werden.

Ist eine Partei nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ganz oder teilweise aufzubringen, kann sie beim Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragen. Das Arbeitsgericht wird den Antrag bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht von vornherein aussichtslos ist und die Vermögensangaben des Antragsstellers die Gewährung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen.

Unabhängig hiervon kann das Arbeitsgericht einer wirtschaftlich bedürftigen Partei auf Antrag auch einen Rechtsanwalt beiordnen, wenn diese Partei nicht von einem Vertreter des Arbeitgeberverbandes bzw. der Gewerkschaft vertreten werden kann und die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist.