Muss der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung begründen?

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung zukommen lassen, ist in aller Regel im Arbeitsverhältnis etwas Gravierendes vorgefallen. Mit einer außerordentlichen und damit fristlosen Kündigung signalisiert der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dass er nicht einmal die Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung abwarten, sondern sofort mit dem betroffenen Mitarbeiter nichts mehr zu tun haben will.

Der Arbeitnehmer wird in aller Regel wissen, worauf sich die Kündigung bezieht und aus welchem Grund der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis so abrupt beenden will. Im Allgemeinen teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der zwingend schriftlich abzufassenden Kündigungserklärung, § 623 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), seine Motivation für die Kündigung auch mit.

Gleichwohl ist der Arbeitgeber aber nicht verpflichtet, eine außerordentliche Kündigung mit einer Begründung zu versehen. Es reicht für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vollkommen aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, dass er ihm aus wichtigem Grund und fristlos kündigt.

Hält sich der Arbeitgeber im Rahmen der Kündigungserklärung dergestalt bedeckt, ist es für den Arbeitnehmer zuweilen schwierig, die Chancen für eine Klage gegen die ausgesprochene Kündigung abzuschätzen. Wenn der Sachverhalt unklar und das sich Zerwürfnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an diversen Fronten abspielt, hat der Arbeitnehmer ein dringendes Informationsbedürfnis.

Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers

Um den Arbeitnehmer hier bei der Verteidigung seiner Rechte zu unterstützen, sieht § 626 Abs. 2 S. 3 BGB einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber vor, wonach letzterer dem Empfänger der Kündigung die Gründe für die Kündigung unverzüglich schriftlich mitteilen muss.

Diesen Anspruch muss der gekündigte Arbeitnehmer im Zweifel zeitnah nach Eingang der begründungslosen außerordentlichen Kündigung geltend machen. Eile ist dabei bereits vor dem Hintergrund der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) geboten, binnen der der Arbeitnehmer gegen die Kündigung vorgehen muss. Lässt der Arbeitnehmer nach Erhalt der Kündigung hier zuviel Zeit für seinen Auskunftsanspruch verstreichen, kommt auch eine Verwirkung des Anspruchs in Frage.

Die Auskunft des Arbeitgebers über seine Motive für die außerordentliche Kündigung muss auf das Verlangen hin ausführlich, schriftlich und unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) erfolgen.

Kommt der Arbeitgeber dieser – notfalls einklagbaren – Pflicht zur Aufklärung des Arbeitnehmers aber nicht nach, dann bleibt die Kündigung gleichwohl grundsätzlich wirksam.

Nachschieben von Kündigungsgründen möglich?

Hält der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber auf Anfrage hin mitgeteilten Kündigungsgründe für eher dünn und strengt er dann einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht an, dann ist er vor Überraschungen im gerichtlichen Verfahren nicht sicher.

Je nachdem, ob in dem Unternehmen nämlich ein Betriebsrat installiert ist oder nicht, kann der Arbeitgeber im Kündigungsprozess weitere Kündigungsgründe nachschieben und so den Verlauf des Kündigungsprozesses nachhaltig beeinflussen.

Ist in dem kündigenden Unternehmen kein Betriebsrat vorhanden, ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen im Prozess grundsätzlich möglich.

Bei Vorhandensein eines Betriebsrates dürfen durch das Nachschieben von Kündigungsgründen die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nicht ausgehebelt werden. Hier ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen im Prozess nur zur Konkretisierung zulässig.

Ein vollkommen neuer Kündigungssachverhalt kann im gerichtlichen Verfahren vom Arbeitgeber zur Begründung der Kündigung demnach nicht präsentiert werden.