Die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers

Die außerordentliche Kündigung kennt man gemeinhin als "fristlose Kündigung". Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung ist die fristlose Kündigung dadurch gekennzeichnet, dass eben keine Kündigungsfristen eingehalten werden, sondern das Arbeitsverhältnis in der Regel mit sofortiger Wirkung beendet werden soll.

Die außerordentliche Kündigung muss jedoch nicht zwingend als "fristlose" Kündigung ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber kann sie auch mit einer sog. sozialen Auslauffrist verbinden, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf dieser Frist endet.

Als Auslauffrist kann dabei jede beliebige Frist zwischen einem Tag und der ordentlichen Kündigungsfrist gewählt werden. Liegt jedoch wirklich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor, sollte nur in Ausnahmefällen mit einer Auslauffrist gekündigt werden.

Die außerordentliche Kündigung kann jedoch auch noch in einem anderen Fall zum Zuge kommen, nämlich dann, wenn es um die Kündigung tariflich oder vertraglich ordentlich unkündbarer Mitarbeiter geht. Der Arbeitgeber kann sich von dieser Mitarbeitergruppe regelmäßig nur noch über die außerordentliche Kündigung trennen.

Wichtiger Grund

Eine außerordentliche Kündigung als drastischstes Mittel zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist nur möglich, wenn ein "wichtiger Grund" vorliegt, der das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfristen für den Arbeitgeber unzumutbar macht. Es liegt auf der Hand, dass daher nur besonders schwere Vorfälle und eine nachhaltige Störung des Vertragsverhältnisses den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.

Als wichtige Gründe können -wie bei der ordentlichen Kündigung auch- sowohl verhaltensbedingte, personenbedingte oder betriebsbedingte Gründe in Betracht kommen. Ein Sachverhalt, der jedoch nicht einmal zu einer ordentlichen Kündigung berechtigt, kann erst recht keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Als wichtiger Grund kommen in der Praxis vor allem gravierende oder häufige bzw. nachhaltige Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers in Betracht, also verhaltensbedingte Gründe. Man unterscheidet auch hier wiederum zwischen Störungen im Leistungsbereich, die also die Arbeitsleistung als solche betreffen (z.B. beharrliche Arbeitsverweigerung, nachhaltiges Zuspätkommen) und Störungen im Vertrauensbereich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (z.B. Straftaten gegen den Arbeitgeber oder Kollegen wie Diebstahl, Betrug, Beleidigungen).

Die Verstöße müssen jedoch schon gravierender Natur sein, damit sie auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Auch bei der außerordentlichen Kündigung muss bei Störungen im Leistungsbereich vorher abgemahnt werden. Nur in bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, insbesondere, wenn deren Unzulässigkeit ohne weiteres erkennbar ist und mit deren Billigung der Arbeitnehmer keinesfalls rechnen konnte, oder auch bei nicht wiedergut zumachenden Folgen, wird eine Abmahnung ausnahmsweise entfallen können.

Bei Störungen im Vertrauensbereich bedarf es dagegen in aller Regel keiner vorhergehenden Abmahnung, da auch durch sie das einmal beeinträchtigte Vertrauen in der Regel nicht wieder hergestellt werden kann.

Wann ein Sachverhalt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalles. Wie bei der ordentlichen Kündigung gilt auch hier der Grundsatz, dass es keine absoluten Kündigungsgründe gibt, bei deren Vorliegen immer und jederzeit eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre. Anhaltspunkte für wichtige Gründe können unter "Kündigungsgründe von A-Z" entnommen werden.

Neben den oben geschilderten, in der Praxis am häufigsten vorkommenden verhaltensbedingten Gründen für eine außerordentliche Kündigung, können ausnahmsweise auch personenbedingte oder betriebsbedingte Gründe als wichtiger Grund in Betracht kommen. Da es jedoch in der Regel dem Arbeitgeber in diesen Fällen meist zumutbar sein wird, die ordentlichen Kündigungsfristen abzuwarten, müssen diese Gründe schon sehr nachhaltig sein, um ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen.

Die Meßlatte für eine außerordentliche Kündigung ist damit sehr hoch gehängt. So ist beispielsweise ein außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung (personenbedingter Grund) in aller Regel ausgeschlossen.

Auch die krankheitsbedingte Minderung oder der vorübergehende Verlust der Leistungsfähigkeit wird keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, da es dem Arbeitgeber grundsätzlich zumutbar ist, einen krankheitsbedingten Leistungsabfall durch andere Maßnahmen, wie z.B. Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz, aufzufangen.

Auch eine Alkoholkrankheit kann im allgemeinen nur eine ordentliche Kündigung begründen. Allenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich beharrlich weigert, eine angebotene Entziehungskur anzutreten, diese ggf. bereits mehrfach abgebrochen hat und wieder rückfällig wurde oder sich oder Kollegen des Betriebes durch seinen Alkoholismus gefährdet, kann ausnahmsweise einmal eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.

Auch dringende betriebliche Gründe werden nur in seltenen Fällen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, da der Arbeitgeber sein Unternehmerrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. So ist auch die Insolvenz eines Unternehmens kein wichtiger Grund für außerordentliche Kündigungen.

Der im allgemeinen eingesetzte Insolvenzverwalter könnte auch in diesem Fall lediglich ordentlich, allerdings unter Einhaltung verkürzter Kündigungsfristen, kündigen. Betriebsbedingte Gründe, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, sind daher in der Praxis kaum denkbar.

Allenfalls bei den Mitarbeitern, die tariflich oder vertraglich ordentlich unkündbar sind, kann ausnahmsweise ein personen- oder betriebsbedingter Grund einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Diese Kündigungen unterliegen jedoch zwangsläufig sehr hohen Anforderungen, da diese Mitarbeiter gerade vor solchen, üblicherweise nur ordentlich möglichen Kündigungen geschützt werden sollten.

Die Gründe müssen daher schon zu einer dauerhaften betrieblichen Belastung führen, um eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen zu können. Ist dies der Fall, können diese Mitarbeiter jedoch nicht fristlos, sondern regelmäßig nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen außerordentlich gekündigt werden. Denn anderenfalls würde man sie gegenüber den ordentlich noch kündbaren Mitarbeitern benachteiligen.

Interessenabwägung

Auch wenn objektiv ein Kündigungsgrund vorliegt, ist eine außerordentliche Kündigung nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfristen nicht mehr zuzumuten ist.

Insofern muss der Arbeitgeber alle Umstände, die für und gegen eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprechen, gegeneinander abwägen. Diese kann auch durchaus zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen, insbesondere dann, wenn er über viele Jahre hinweg dem Arbeitgeber niemals einen Grund zu Beanstandungen gegeben hat.

Umstände, die bei der Abwägung eine Rolle spielen können, sind beispielsweise: Art und Schwere der Pflichtverletzung, Auswirkungen auf den Betriebsablauf oder den Betriebsfrieden, Grad des Verschuldens (leicht, mittel, hoch?), evtl. Schaden des Arbeitgebers, Schädigung des Ansehens des Arbeitgebers, Betriebszugehörigkeit, soziale Lage des Arbeitnehmers (Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten), etc..

Der Arbeitgeber muss auch prüfen, ob ggf. nicht ein milderes Mittel als die außerordentliche Kündigung in Betracht kommt, wie z.B. eine ordentliche Kündigung, eine Abmahnung, eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz ggf. über eine Änderungskündigung.

Ausschlussfrist - Zwei Wochen

Eine außerordentliche Kündigung kann nach dem Gesetz nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt erklärt werden, zu dem der zur Kündigung Berechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. D.h. der Arbeitgeber hat folglich ab diesem Zeitpunkt nur zwei Wochen Zeit, dem Arbeitnehmer zu kündigen.

Versäumt er diese Frist, kann sich der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess nicht mehr darauf berufen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag. Die außerordentliche Kündigung wäre daher bereits aus diesem Grunde unwirksam. Es versteht sich von selbst, dass in Anbetracht dessen mit Vorliebe vor Gericht darüber gestritten wird, ob der Arbeitgeber die zwei-Wochen-Frist eingehalten hat oder nicht. Gerade in den Fällen, in denen der Arbeitgeber erst einmal zur Aufklärung des Sachverhaltes, z.B. durch Befragung des Arbeitnehmers, von Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden, gezwungen ist, ist der Beginn der zwei-Wochen-Frist nicht immer leicht zu bestimmen.

Als Faustformel gilt: Ist der Sachverhalt klar oder liegt gar ein Geständnis vor, bedarf es keiner Ermittlungen durch den Arbeitgeber, dann kann und muss sofort gehandelt werden. Sind allerdings durch den Arbeitgeber Ermittlungen nötig, um den Sachverhalt zunächst einmal zu klären, müssen diese so schnell wie möglich geschehen. Der Arbeitgeber darf hierbei nicht trödeln.

Die Ausschlussfrist ist nur gewahrt, wenn die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist zugegangen ist (vgl. hierzu Ausführungen zum Zugang der Kündigungserklärung).

Tipp für Arbeitgeber

Hat der Arbeitgeber Zweifel am Vorliegen eines wichtigen Grundes oder an der Wahrung der zwei-wöchigen-Ausschlussfrist, sollte er vorsorglich neben der außerordentlichen Kündigung auch noch eine ordentliche Kündigung aussprechen. Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat vorhanden, ist darauf zu achten, dass für die ordentliche und die außerordentliche Kündigung unterschiedlich lange Anhörungsfristen gelten (vgl. Ausführungen zu Beteiligungsrechte des Betriebsrates vor Kündigungen).

Ist ein Betriebsrat zu beteiligen, kann daher der Arbeitgeber daher nicht bereits nach drei Tagen (Frist für die außerordentliche Kündigung) beide Kündigungen aussprechen, sondern muss für die ordentliche Kündigung den Ablauf der einwöchigen Anhörungsfrist abwarten. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Betriebsrat innerhalb dieses Zeitraumes eine abschließende Stellungnahme sowohl zur außerordentlichen als auch ordentlichen Kündigung abgegeben hat.

Was tun bei einer außerordentlichen Kündigung ?

Wer als Arbeitnehmer eine Kündigung von seinem Arbeitgeber erhalten hat, muss sich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung entscheiden, ob er hiergegen Kündigungsschutzklage erheben will oder nicht.

Entscheidet sich der Arbeitnehmer gegen die Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder versäumt er diese dreiwöchige Klageerhebungsfrist, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. Das Arbeitsverhältnis ist durch diese Kündigung beendet worden.

Will der Arbeitnehmer jedoch gegen diese Kündigung vorgehen, muss er zwingend innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist die Kündigungsschutzklage erheben. Die dreiwöchige Klagefrist gilt seit 01.01.2004 für alle Unwirksamkeitsgründe.

Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage empfiehlt sich vor allem immer dann, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis fortsetzen möchte und die Kündigung unwirksam ist bzw. der Arbeitnehmer zumindest Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung hat. Und gerade, wenn der Arbeitgeber verhaltensbedingte Gründe für die außerordentliche Kündigung angeführt hat, muss der Arbeitnehmer zusätzlich mit einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld rechnen.

Unwirksam ist die Kündigung insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber einen bestehenden Sonderkündigungsschutz nicht beachtet oder den Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt hat. Unwirksam ist die Kündigung auch dann, wenn beispielsweise kein wichtiger Grund für außerordentliche Kündigung vorliegt oder der Arbeitgeber die zweiwöchige Ausschlussfrist nicht eingehalten hat.

Die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann sich jedoch auch dann anbieten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis eigentlich nicht mehr fortführen möchte, allerdings eine Abfindung herausholen will. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage führt zwar nicht zwingend zu einer Abfindung. In vielen Fällen sind die Arbeitgeber jedoch dazu bereit, eine Abfindung zu zahlen, wenn die Wirksamkeit der Kündigung nicht eindeutig ist und ein Risiko besteht, den Prozess zu verlieren (vgl. auch Ausführungen zu "Wann bietet sich eine gütliche Einigung im Kündigungsschutzprozess an?").

Erfahrungsgemäß endet die Mehrzahl der Kündigungsschutzprozesse mit einem Vergleich vor Gericht, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird. Da die Beurteilung, ob ein Sachverhalt zur Kündigung ausreicht oder ggf. andere Unwirksamkeitsgründe bestehen, für den Arbeitnehmer nicht einfach ist und grundsätzlich Praxiserfahrung und eine gesicherte Kenntnis der Rechtsprechung voraussetzt, empfiehlt es sich für den gekündigten Arbeitnehmer regelmäßig, anwaltliche Hilfe und Beratung in Anspruch zu nehmen.