Die Firmeninsolvenz - Folgen für den Arbeitnehmer

Seit den neunziger Jahren hat die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland kontinuierlich zugenommen. Nach aktuellen Meldungen befindet sie sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Rekordniveau und mit ihr die Zahl der Beschäftigten, denen der Verlust ihres Arbeitsplatzes droht.

Muss die Firma Insolvenz anmelden, zieht dies meist auch persönliche Katastrophen nach sich.

Was sind nunmehr die arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Arbeitnehmer, wenn seine Firma Insolvenz anmelden muss? Zum besseren Verständnis soll hierfür kurz skizziert werden, wie eine Insolvenz zeitlich abläuft: Das Unternehmen selbst, aber auch einer ihrer Gläubiger, kann bei dem zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmens stellen, wenn es zahlungsunfähig oder überschuldet ist.

Das Insolvenzgericht prüft sodann, wie es um das Unternehmen in wirtschaftlicher Hinsicht bestellt ist. Das macht es natürlich nicht selbst, sondern beauftragt in der Regel sachverständige Gutachter mit der Prüfung. In der Zwischenzeit bestellt das Insolvenzgericht in aller Regel einen sog. vorläufigen Insolvenzverwalter, der -je nach Entscheidung des Gerichtes- mit oder anstelle des Unternehmers dessen Geschäfte vorläufig fortführt.

Durch die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes soll zum einem Masse, also Vermögen, zur Abwicklung des Insolvenzverfahren erwirtschaftet werden.

Zum anderen versucht der vorläufige Insolvenzverwalter, diese Zeit als Chance für eine insolvenzabwendende, rettende Sanierung zu nutzen und z.B. einen Käufer zu suchen. Die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung ist damit von dem Gedanken der Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebes geprägt. Viel Zeit hat der vorläufige Insolvenzverwalter hierfür jedoch nicht. Im allgemeinen erfolgt die Entscheidung über die Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen eines Unternehmens zwei bis drei Monate nach dem Insolvenzantrag.

Eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nur dann in Betracht kommen, wenn genügend Masse vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Im Falle der Eröffnung bestimmt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter, der jedoch regelmäßig mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter identisch ist. Ist keine Masse vorhanden, wird das Gericht in aller Regel die Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse entscheiden, mit der Folge, dass die Chancen für die Gläubiger, zumindest noch einen Teil ihrer offenen Forderungen befriedigt zu erhalten, gegen Null geht. Dies gilt sodann auch für ggf. rückständiges Gehalt der Arbeitnehmer.

Im Gegensatz zu einer doch landläufig sehr weit verbreiteten Meinung führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma nicht zu einer automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis besteht also trotz der Eröffnung zunächst fort. An die Stelle des Arbeitgebers tritt lediglich der vom Insolvenzgericht bestellte Insolvenzverwalter, der in der Folge betriebsbedingte Kündigungen aussprechen kann bzw. hierzu in aller Regel gezwungen ist.

Denn in den seltensten Fällen wird es dem Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch möglich sein, das Unternehmen ganz oder teilweise fortzuführen. Der Arbeitnehmer genießt jedoch auch im Insolvenzverfahren noch seinen allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutz (vgl. hierzu die Ausführungen zum Kündigungsschutz des Arbeitnehmers). Eine Sonderregelung gilt jedoch für die Kündigungsfristen, die der Insolvenzverwalter bei einer Kündigung einhalten muss.

Die Kündigungsfrist beträgt nämlich höchstens drei Monate zum Monatsende und ist daher in den meisten Fällen kürzer als die gesetzlichen, tariflichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen. Diese Sonderregelung trifft natürlich vor allem die langjährig Beschäftigten besonders hart.

Gerät ein Unternehmen in die Schieflage, gehen damit natürlich in fast allen Fällen auch Lohn- und Gehaltsrückstände einher. Die Frage ist, was mit diesen Rückständen in der Insolvenz passiert. Hinsichtlich der Lohn- und Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer ist streng zwischen der Zeit vor und nach der Eröffnung der Insolvenz zu unterscheiden. Die Insolvenzordnung teilt die Gläubiger (dazu gehören auch die Arbeitnehmer) in zwei Gruppen ein und zwar in die sog. Insolvenzgläubiger und die sog. Massegläubiger.

Da die Insolvenzgläubiger erst dann eine Auszahlung erhalten, wenn alle Massegläubiger bedient sind, gehen die Insolvenzgläubiger oftmals leer aus. Zu welcher "Gläubigergruppe" nunmehr der Arbeitnehmer zählt, hängt davon ab, ob seine Lohn- und Gehaltansprüche vor oder nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind.

Hinsichtlich der bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung entstandenen Lohn- und Gehaltsrückstände ist der Arbeitnehmer lediglich Insolvenzgläubiger. Die Rückstände, die also vor der Insolvenzeröffnung eingetreten sind, sind damit nur einfache Insolvenzforderungen, die der Arbeitnehmer grundsätzlich zur sog. Insolvenztabelle anmelden muss.

Da aus der Masse zunächst die Massegläubiger befriedigt werden, ist die Chance für den Arbeitnehmer, seine Forderungen zu realisieren regelmäßig gering. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht ganz schutzlos gestellt. Denn zumindest für die Dauer der letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung hat er einen Anspruch auf ein sog. Insolvenzgeld gegenüber dem Arbeitsamt.

Das Insolvenzgeld entspricht in der Höhe der Nettovergütung. Das Gleiche gilt auch, wenn das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ablehnen sollte. Der Anspruch besteht grundsätzlich jedoch erst ab dem Zeitpunkt, ab dem das Insolvenzgericht über die Eröffnung oder die Ablehnung des Insolvenzverfahrens entschieden hat. Bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen ist auch ein Vorschuss auf das Insolvenzgeld möglich.

Hinsichtlich der Lohn- und Gehaltsrückstände, die nach dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung entstanden sind, ist der Arbeitnehmer Massegläubiger, die der Insolvenzverwalter bevorzugt aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse befriedigen muss.

Ob der Arbeitnehmer mit einem vollen oder nur prozentualen Ausgleich rechnen kann, hängt davon ab, wie viel Masse dem Insolvenzverwalter zur Begleichung zur Verfügung steht.