Neu angefangen? Ab wann kann man Urlaub nehmen?

Hat man eine neue Arbeitsstelle angetreten, dann wird vom Arbeitnehmer vor allem Einsatz erwartet. Der Arbeitnehmer geht in aller Regel auch mit hinreichendem Elan an die Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben, will er doch den Auftraggeber davon überzeugen, dass die im Bewerbungsverfahren zu seinen Gunsten getroffene Entscheidung die richtige war.

Eigentlich verbietet es sich für den Arbeitnehmer in Anbetracht dieser Ausgangssituation auch, bereits in diesem sehr frühen Stadium seines Beschäftigungsverhältnisses über Themen wie „Freistellung von der Arbeitspflicht“ und „Erholungsurlaub“ nachzudenken. Es soll aber trotzdem schon vorgekommen sein, dass sich Arbeitnehmer bereits kurz nach Antritt einer neuen Beschäftigung intensiv mit dem nächsten Urlaubsziel und der Frage beschäftigt haben, wann sie den gesetzlich garantierten Erholungsurlaub antreten können.

Die Frage, wann ein Arbeitnehmer nach erstmaligem Arbeitsantritt vom Arbeitgeber die Gewährung von Urlaub verlangen kann, ist relativ klar im Gesetz geregelt. Nach § 4 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) gilt nämlich, dass der volle Urlaubsanspruch vom Arbeitnehmer erstmalig erworben wird, wenn das Arbeitsverhältnis sechs Monate bestanden hat.

Wie wirkt sich die Wartezeit aus?

Wenngleich der Wortlaut des § 4 BUrlG nicht unbedingt einen zwingenden Rückschluss auf die Auswirkungen dieser Norm zulässt, wird § 4 BUrlG und die dort enthaltene „Wartezeit“ von sechs Monaten einhellig so interpretiert, dass der Arbeitnehmer vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit vom Arbeitgeber auch nicht einen einzigen Tag an Erholungsurlaub verlangen kann.

Ein (notfalls durchsetzbarer) Rechtsanspruch auf die Gewährung von Urlaub besteht für den Arbeitnehmer erst mit Beginn des siebten Beschäftigungsmonats.

Will der Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten nach Aufnahme der Beschäftigung in Urlaub gehen, so ist er auf das Wohlwollen und das Einverständnis des Arbeitgebers angewiesen. Mit Zustimmung des Arbeitgebers ist auch in den ersten sechs Monaten urlaubstechnisch alles möglich, ohne Zustimmung nichts.

Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung können abweichende Regeln enthalten

Sollte der Arbeitnehmer mit den vorstehenden Regularien nicht recht glücklich sein, besteht für ihn eine (wenn auch kleine) Resthoffung, dass zu seinen Gunsten in einem einschlägigen Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung eine von § 4 BUrlG abweichende Regel getroffen wurde. Wenngleich in der Praxis eher unüblich, ist es zumindest zulässig, in Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zugunsten des Arbeitnehmers eine kürzere Frist als die sechsmonatige Wartezeit des § 4 BUrlG zu vereinbaren.

Hingegen verstößt eine Verlängerung der sechsmonatigen Wartezeit des § 4 BUrlG gegen § 13 BUrlG und ist, auch einzelvertraglich vereinbart, unwirksam.

Ausnahmen von der Regel – Der Teilurlaub

Es gilt jedoch auch bei dem für den Arbeitnehmer bestehenden Gebot, sechs Monate bis zum erstmaligen Urlaubsantritt warten zu müssen, der Grundsatz, dass es keine Regel ohne eine Ausnahme gibt.

Noch vor Ablauf der Wartezeit kann der Arbeitnehmer nämlich einen Anspruch auf Gewährung von so genanntem Teilurlaub haben, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) BUrlG vorliegen.

Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn er

  1. ein Beschäftigungsverhältnis erst in der zweiten Jahreshälfte aufnimmt und wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit in dem betreffenden Kalenderjahr keinen vollen Urlaub nehmen kann, oder
  2. wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis schon wieder auflöst, bevor die sechsmonatige Wartezeit verstrichen ist.

In beiden Fällen kann der Arbeitnehmer allerdings nicht die Gewährung des vollen Jahresurlaubes verlangen, sondern nur den den Beschäftigungsmonaten entsprechenden Jahresanteil des Urlaubs.

Jeder Arbeitnehmer, der seine neue Arbeitsstelle erst in der zweiten Jahreshälfte antritt, kann also – ohne die Beschränkung der sechsmonatigen Wartezeit des § 4 BUrlG – von seinem Arbeitgeber verlangen, dass dieser ihm Teilurlaub gewährt.

Für jeden Arbeitnehmer, der seinen neuen Job vor dem 01.07. eines Jahres begonnen hat, bedeutet das allerdings, dass er seinen ersten Urlaubstag tatsächlich erst nach Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nehmen kann. Dann hat er dem Grunde nach allerdings Anspruch auf den vollen Jahresurlaub in Höhe von mindestens 24 Werktagen.