Die Haftung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers

Die Haftung des Arbeitnehmers

"Wo gehobelt wird, da fallen Späne..." Wenn dem Arbeitgeber hierdurch jedoch ein Schaden entsteht, stellt sich schnell die Frage danach, inwieweit der Arbeitnehmer hierfür haften muss.

Die Streitigkeiten auf diesem Gebiet sind regelmäßig sehr komplex. Grundsätzlich ist jedes vertragswidrige und schuldhafte Verhalten des Arbeitnehmers geeignet, einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers auszulösen:

Der Außendienstmitarbeiter verursacht mit dem Firmen-Pkw einen Verkehrsunfall, weil er eine rote Ampel übersehen hat; am Firmen-Pkw entsteht ein erheblicher Sachschaden; der Baggerfahrer beschädigt beim Aushub eine Gasleitung, es kommt zur Explosion; der Mitarbeiter der EDV-Abteilung bringt das Betriebssystem zum Absturz, der Betrieb steht über Stunden still; die Sekretärin vergisst einen wichtigen Kunden zurückzurufen, dem Arbeitgeber geht hierdurch ein wichtiger Auftrag verloren. Die Möglichkeiten sind in der Praxis zahlreich und vielfältig.

Schon leichteste Unaufmerksamkeiten des Arbeitnehmers können einen immensen Schaden verursachen, die jedoch in keinem Verhältnis mehr zum erzielten Lohn stehen. Müsste der Arbeitnehmer für die von ihm verursachten Schäden voll einstehen, ist seine eigene Existenz in der Regel nicht nur gefährdet, sondern ruiniert.

Da auch bei dem sorgfältigsten Arbeitnehmer an einem langen Arbeitstag die notwendige Konzentration einmal nachlassen kann, ist die Haftung des Arbeitnehmers begrenzt, wenn die Schäden bei der Arbeit bzw. "in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit" verursacht worden sind. Bereits in der Beurteilung der Frage, wann noch eine betrieblich veranlasste Tätigkeit des Arbeitnehmers vorliegt, kann in der Praxis schon genügend Zündstoff liegen.

Ist der Schaden in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit entstanden, gelten folgende Haftungsgrundsätze:

Bei leichter Fahrlässigkeit (=geringe Schuld) haftet der Arbeitnehmer gar nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit (=mittlere Schuld) haftet der Arbeitnehmer anteilig. Das Haftungsrisiko wird also zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt. Wie hoch hierbei der Anteil des Arbeitnehmers ist, bestimmt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Hierbei werden die Umstände, die für und gegen den Arbeitnehmer sprechen gegeneinander abgewogen (z.B. Verhalten in der Vergangenheit, Art und Schwierigkeit der Tätigkeit, Schadenshöhe, Schadensrisiko, etc) und sodann die "Quote" ermittelt. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich unbeschränkt.

Nur ausnahmsweise kann es hier im Einzelfall zur Haftungsbegrenzung kommen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Hat der Arbeitnehmer vorsätzlich gehandelt, ist er regelmäßig nicht schutzwürdig. Bei Vorsatz haftet er in jedem Fall unbeschränkt.

Ein Mitverschulden des Arbeitgebers, z.B. aufgrund einer fehlenden Einweisung oder Unterrichtung des Arbeitnehmers, wird auf ein Verschulden des Arbeitnehmers angerechnet. Die Schwierigkeit für den Arbeitgeber besteht in der Praxis darin, dass er die Haftungsvoraussetzungen und den hierdurch eingetretenen Schaden vollumfänglich nachweisen muss.

Kommt durch den Fehler des Arbeitnehmers bei der Arbeit in "Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit" ein Arbeitskollege zu schaden (nicht also bei einer Rauferei unter Kollegen), haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht für die Schäden, die entstehen, wenn der Kollege selbst verletzt wird (z.B. Arztkosten, Heilungskosten). Diese Aussage mag jetzt auf den ersten Blick einmal verwundern. Sinn dieser Haftungsbegrenzung bei Arbeitsunfällen ist es jedoch, Streitigkeiten unter Arbeitskollegen im Interesse des Betriebsfriedens zu vermeiden.

Dieser Haftungsausschluss umfasst auch einen evtl. Schmerzensgeldanspruch des Arbeitskollegen. Der geschädigte Arbeitskollege bleibt mit seinem Schaden natürlich nicht alleine gelassen. Er kann seine Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung geltend machen. Der Haftungsausschluss greift jedoch nicht zugunsten des (schädigenden) Arbeitnehmers, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat. oder ein sog. wegebezogener Unfall vorliegt.

Für Sachschäden, die am Eigentum des Arbeitskollegen (z.B. Kleidung, Brille, Armbanduhr) entstanden sind, haftet der Arbeitnehmer unbeschränkt, da hier die gesetzliche Unfallversicherung nicht regulierend eingreift. Allerdings kann der (schädigende) Arbeitnehmer im Innenverhältnis von seinem Arbeitgeber verlangen, von der Haftung (je nach Verschuldensgrad ganz oder teilweise) freigestellt zu werden.

Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber letztendlich für den Arbeitnehmer einspringt und den Schaden des Arbeitskollegen reguliert. Bei dieser Regelung geht man dabei von folgendem Umstand aus: Wäre durch die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht der Arbeitskollege, sondern der Arbeitgeber selbst geschädigt worden, würden die oben beschriebenen Haftungsbeschränkungen bei leichter und mittlerer Fahrlässigkeit eintreten.

Diese Haftungserleichterung soll mittelbar aber auch dem Arbeitnehmer zugute kommen, wenn er durch sein Verhalten nicht das Eigentum des Arbeitgebers, sondern des Arbeitnehmers beschädigt. Für die Höhe des Freistellungsanspruches gelten dabei die obigen Grundsätze:

Bei leichter fahrlässig, hat er einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber, dass er den eingetretenen Schaden voll gegenüber dem Arbeitskollegen übernimmt, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig, bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz muss er den Schaden regelmäßig selbst tragen.

Die Haftung des Arbeitgebers

Wie der Arbeitnehmer haftet auch der Arbeitgeber auf Schadensersatz, wenn dem Arbeitnehmer durch ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers einen Schaden entstanden ist, z.B. der Arbeitgeber gerät mit der Gehaltszahlung in Verzug, der Arbeitnehmer muss daher zwischenfinanzieren, der Arbeitnehmer stellt seinen PKW auf den Firmenparkplatz ab, beim Entladen eines Firmen-Lkws wird der PKW beschädigt.

Voraussetzung ist jedoch grundsätzlich auch hier, dass dem Arbeitgeber ein Verschulden zum Vorwurf gemacht werden kann. Dem Verschulden des Arbeitgebers steht es gleich, wenn nicht er, sondern einer seiner "Erfüllungsgehilfen", also z.B. ein anderer Arbeitnehmer den Schaden verursacht hat. Für verschuldet eingetretene Sach- und Vermögensschäden des Arbeitnehmers haftet der Arbeitgeber grundsätzlich ohne Einschränkung.

Ganz ausnahmsweise kann den Arbeitgeber auch eine Erstattungspflicht bei Sachschäden des Arbeitnehmers treffen, ohne dass er (oder einer seiner Erfüllungsgehilfen) den Schaden verschuldet hat. Eine Erstattungspflicht kommt jedoch nur in Betracht, sofern der Schaden unverschuldet in Ausübung einer gefährlichen Tätigkeit entstanden ist und außergewöhnlich ist, d.h. ein Schaden eingetreten ist, mit dem der Arbeitnehmer grundsätzlich bei der Arbeit nicht zu rechnen hat und für deren Hinnahme er erkennbar auch nicht bezahlt wird.

Für im Rahmen eines Arbeitsunfalls eingetretene Personenschäden einschließlich eines Schmerzensgeldes haftet der Arbeitgeber grundsätzlich nicht, es sei denn er hätte vorsätzlich gehandelt hat oder es würde ein sog. wegebezogener Unfall vorliegen. Hier kann der Arbeitnehmer seine Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung geltend machen. In diesem Bereich bestehen also keine Unterschiede zur Arbeitnehmerhaftung.