Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – Bei Verschulden gibt’s nichts!

§ 3 Abs. 1 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) normiert einen für jeden Arbeitnehmer in Deutschland wichtigen Grundsatz. Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt und aus diesem Grund daran gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen, dann verliert er nicht seinen Anspruch auf Zahlung von Lohn bzw. Gehalt.

Für einen Zeitraum von sechs Wochen bleibt der Arbeitgeber auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers soll durch eine Erkrankung nicht gefährdet werden.

§ 3 EFZG enthält aber für diesen Grundsatz eine kleine, im Einzelfall aber bedeutsame, Einschränkung. Eine Lohnfortzahlungspflicht trifft den Arbeitgeber nämlich nur dann, wenn den Arbeitnehmer an seiner durch die Erkrankung ausgelösten Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft.

Bei Verschulden keine Lohnfortzahlung

Anders formuliert: Trifft den Arbeitnehmer an seinem die Arbeitsfähigkeit ausschließenden Zustand ein Verschulden, ist sein Arbeitgeber nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

Mit dem Begriff des Verschuldens ist dabei aber im Rahmen von § 3 EFZG nicht der zivilrechtliche Verschuldensbegriff im Sinne von § 276 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gemeint. Es geht im Zusammenhang mit dem Entgeltfortzahlungsanspruchs also nicht darum, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt und in diesem Sinne verschuldet hat.

Der Begriff des Verschuldens in § 3 EFZG setzt vielmehr nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Verhalten beim Arbeitnehmer voraus, bei dem es sich „um einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen“ handelt.

Wann ein solcher „grober Verstoß“ gegen eigene Interessen vorliegt, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. Es gibt keinen festen Katalog von Verhaltensweisen, bei denen die Arbeitsgerichte ein Verschulden an der eigenen Arbeitsunfähigkeit annehmen würden.

Dabei führen auch gefährliche und gegebenenfalls auch unfallträchtige Hobbys, denen der Arbeitnehmer in seiner Freizeit nachgeht, in der Regel noch nicht zu einer Annahme eines Verschuldens im Sinne von § 3 EFZG. Motorradfahrer, Eishockeyspieler oder Paraglider können also grundsätzlich aufatmen.

Eng wird es für den Arbeitnehmer aber dann, wenn er seine Gesundheit besonders leichtfertig, mutwillig oder sogar vorsätzlich aufs Spiel setzt. Hier kann im Einzelfall schon ein unter Alkoholeinfluss verursachter Autounfall ausreichen, um von einem Verschulden des Arbeitnehmers auszugehen.

Das Gleiche gilt für Verletzungen, die sich ein Arbeitnehmer im Zuge von tätlichen Auseinandersetzungen zugezogen hat. Wer sich vorsätzlich an einer Schlägerei beteiligt und dann verletzungsbedingt arbeitsunfähig ist, muss sich nicht wundern, wenn Gerichte es als grob unbillig ansehen, dem Arbeitnehmer in diesem Fall einen Entgeltfortzahlungsanspruch zuzubilligen.

Die Frage, ob der übermäßige Konsum von Alkohol oder Drogen ein Verschulden im Sinne von § 3 EFZG darstellt, wird von den Gerichten nicht grundsätzlich bejaht. Es kommt hier wiederum auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Frage an, welche konkreten Umstände zur Abhängigkeit des Arbeitnehmers von dem Rauschmittel geführt haben.