Der Betriebsübergang

Liegt ein Betriebsübergang oder der Übergang eines Teilbetriebes vor, so hat dies in arbeitsrechtlicher Hinsicht weitreichende Konsequenzen. Denn mit dem Übergang gehen gleichzeitig kraft Gesetzes und damit automatisch die Arbeitsverhältnisse aller betroffenen Arbeitgeber auf den neuen Inhaber über.

Der neue Inhaber tritt in die Arbeitgeberstellung ein und übernimmt alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Er haftet für ggf. rückständigen Lohn als auch selbstverständlich für die künftigen Lohnansprüche. Der bisherige Arbeitgeber scheidet zwar mit dem Betriebsübergang aus seiner Arbeitgeberstellung aus. Gleichwohl steht er finanziell noch eine Zeitlang in der Pflicht.

Er haftet nämlich neben dem neuen Betriebsinhaber gegenüber dem Arbeitnehmer für alle Verpflichtungen, die noch vor dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges unter seiner "Regie" entstanden sind vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden.

Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers

Da sich kein Arbeitnehmer gegen seinen Willen mit dem Betrieb "verkaufen" bzw. sich einen neuen Arbeitgeber aufzwängen lassen muss, kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber widersprechen. Der Widerspruch muss schriftlich (!) erklärt werden.

Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gilt jedoch nicht unbegrenzt. Der Widerspruch kann nur innerhalb eines Monats, nachdem der Arbeitnehmer entweder von seinem alten oder dem neuen Arbeitgeber in Textform über den Betriebsübergang informiert wurde, erfolgen. Die Frist läuft folglich nicht an, wenn der Arbeitnehmer nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß unterrichtet wurde.

Eine vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung liegt nur vor, wenn der alte Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang in Textform über den Zeitpunkt oder geplanten Zeitpunkt des Betriebsüberganges, den Grund für den Betriebsübergang, die rechtlichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Überganges für den Arbeitnehmer sowie über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen unterrichtet haben.

Die Unterrichtung muss in Textform erfolgen, eine mündliche Information, z.B. auf einer Betriebsversammlung, reicht nicht aus. Die Verpflichtung zur Unterrichtung trifft nach dem Gesetz den bisherigen Arbeitgeber und den neuen Inhaber gleichermaßen. Beide haben für die ordnungsgemäße Unterrichtung einzustehen. Sie kann von beiden gleichzeitig in einem Anschreiben vorgenommen werden. Sie können sich jedoch auch abstimmen, wer von ihnen beiden die Unterrichtung der betroffenen Arbeitnehmer übernimmt.

Jedenfalls empfiehlt es sich für beide, besondere Sorgfalt bei der Abfassung des Unterrichtungsschreibens an die betroffenen Arbeitnehmer an den Tag zu legen und den im Gesetz vorgesehenen Informationspflichten vollständig und formgerecht nachzukommen. Anderenfalls besteht für sie die Gefahr, dass das Widerspruchsrecht der betroffenen Arbeitnehmer Monate oder vielleicht sogar Jahre bis hin zur Grenze der Verwirkung fortbesteht, was die Planungssicherheit sowohl für den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber massiv beeinträchtigt.

Widerspricht der Arbeitnehmer rechtzeitig und ordnungsgemäß, bleibt alles beim alten. Sein Arbeitsverhältnis verbleibt -trotz des Betriebsüberganges- bei seinem alten Arbeitgeber, dem früheren Betriebsinhaber. Gleichwohl sollte der Arbeitnehmer jedoch, bevor er widerspricht, bedenken, dass er ggf. mit einer betriebsbedingten Kündigung des alten Arbeitgebers rechnen muss, wenn es für ihn keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr bei dem alten Arbeitgeber gibt, wovon insbesondere dann auszugehen ist, wenn der gesamte Betrieb auf den neuen Inhaber übergeht.

Ist der Arbeitnehmer in der Folge arbeitslos, können ihm darüber hinaus auch Nachteile bei dem Bezug von Arbeitslosengeld drohen, da es durchaus möglich ist, dass das Arbeitsamt eine Sperrzeit verhängt, wenn es der Auffassung ist, dass der Arbeitnehmer mutwillig seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat.

Da der frühere Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich die ordentlichen Kündigungsfristen einhalten muss, kann der Arbeitnehmer -obwohl er widersprochen hat- bis zum Ablauf der Kündigungsfristen zur Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber verpflichtet sein, wenn bei dem alten Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht und er seine Lohnansprüche für diese Zeit nicht verlieren will.

Widerspricht der Arbeitnehmer nicht, wird das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen mit allen Rechten und Pflichten mit dem neuen Betriebsinhaber und damit neuen Arbeitgeber fortgesetzt. Fand auf das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber ein Tarifvertrag Anwendung, dann gilt dieser Tarifvertrag fort, wenn der neue Inhaber genauso tarifgebunden ist wie der alte Betriebsinhaber oder dieser Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist.

Ist dies nicht der Fall, gelten diese Rechte grundsätzlich gleichfalls fort. Sie werden insofern Bestandteil des einzelnen Arbeitsvertrages und dürfen von dem neuen Betriebsinhaber auch nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden (Veränderungssperre). D.h. der Arbeitnehmer ist ein Jahr lang vor Änderungskündigungen zur Änderung dieser Arbeitsbedingungen geschützt. Danach sind zwar Änderungskündigungen grundsätzlich möglich, wobei hierbei jedoch der allgemeine als auch ein besonderer Kündigungsschutz des Arbeitnehmers voll zu beachten ist.

Für den Fall allerdings, dass bei dem neuen Betriebsinhaber ein anderweitiger Tarifvertrag gilt, der für allgemeinverbindlich erklärt wurde oder der unmittelbar und zwingend Anwendung findet, weil sowohl der neue Betriebsinhaber als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden sind, dann sind diese tarifliche Regelungen für das Arbeitsverhältnis vorrangig.

Der beim früheren Arbeitgeber bestehende Tarifvertrag wird abgelöst; diese Rechte können daher nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages werden. Gleiches gilt auch unter ähnlichen Voraussetzungen für den Fortbestand von Betriebsvereinbarungen.

Voraussetzungen für einen Betriebsübergang

Wann nunmehr ein Betriebs- oder Teilbetriebsübergang mit den oben skizzierten arbeitsrechtlichen Folgen vorliegt, gehört wohl mit zu einer der komplexesten und schwierigsten Rechtsfragen des Arbeitsrechts, bei der sich sowohl für den jetzigen Betriebsinhaber, für den Erwerber als auch im Zweifel für den betroffenen Arbeitnehmer im allgemeinen eine anwaltliche Beratung und Begleitung empfiehlt.

Denn liegen die Voraussetzungen eines Betriebsüberganges vor, gehen zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer deren Arbeitsverhältnisse automatisch und damit ohne Zutun der Parteien auf den neuen Inhaber über, ohne dass ggf. der Betriebsinhaber und der Dritte letztendlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht so weitreichende Konsequenzen damit verbinden wollten.

Relativ eindeutig sind die Fälle, in denen der komplette Betrieb oder Betriebsteil als Ganzes übertragen und von dem Betriebsübernehmer unverändert fortgeführt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Fortführung des Betriebes oder des Betriebsteiles durch den Übernehmer gerade gewollt war, z.B. bei einem Unternehmensverkauf oder bei konzerninternen Umstrukturierungen.

Schwieriger zu beurteilen, sind jedoch die Fälle, in denen nicht auf den ersten Blick der gesamte Betrieb oder Betriebsteil übernommen wird, sondern nur Teile hiervon. In diesem Falle ist von einem Betriebsübergang immer dann auszugehen, wenn der Dritte die wesentlichen Betriebsmittel des bisherigen Betriebsinhabers übernimmt.

Was nunmehr die wesentlichen Betriebsmittel sind, hängt im allgemeinen von der Art des Betriebes ab. Bei Produktionsbetrieben ist regelmäßig die Übernahme der materiellen Betriebsmittel wie z.B. die Übernahme von Maschinen, Anlagen oder Gebäuden entscheidend.

Bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben steht hingegen die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel, wie z.B. die Übernahme des für den Betrieb wesentlichen Personals, die Übernahme der Kundenbeziehungen, die Nutzung des Know-hows, im Vordergrund. Grundsätzlich gilt: Je mehr vom früheren Betriebsinhaber übernommen wird, um an seine Geschäftstätigkeit anzuknüpfen zu können, desto eher wird von einem Betriebsübergang auszugehen sein.

Die bloße Vergabe von zuvor im Betrieb verrichteten Tätigkeiten an einen Dritten, wie sie für das "Outsourcing" oft typisch ist, stellt hingegen keinen Betriebsübergang dar (z.B. Auslagerung der zuvor im Betrieb über Reinigungskräfte selbst vorgenommene Gebäudereinigung auf ein externes Gebäudereinigungsunternehmen). Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn der Dritte neben dem Auftrag allerdings noch weitere (wesentliche) Betriebsmittel übernimmt, z.B. die vormals im Betrieb eingesetzten Gerätschaften, das Personal oder die Arbeitsorganisation.

Vor diesem Hintergrund sollte daher auch bei Outsourcingmaßnahmen immer sorgfältig geprüft werden, ob sich hierin nicht ungewollt ein Betriebsübergang bzw. Teilbetriebsübergang versteckt.