Die Verdachtskündigung – Kann einem Mitarbeiter wegen eines Verdachts gekündigt werden?

Sich von einem Verdacht reinigen zu wollen, ist entweder überflüssig oder vergeblich, erkannte schon im 19. Jahrhundert die österreichische Novellistin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach.

Ein Verdacht ist eine auf Tatsachen beruhende Mutmaßung, die allerdings nicht bewiesen ist. Und genau diese Lücke zwischen Mutmaßung und erwiesener Tatsache macht es im Arbeitsrecht so schwierig, ein Arbeitsverhältnis alleine aus dem Grund aufzulösen, weil der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass sein Arbeitnehmer sich einer vertrags- oder sogar gesetzwidrigen Tat schuldig gemacht hat.

Das deutsche Kündigungsrecht beruht dem Grunde nach auf Fakten. Wird vom Arbeitgeber eine Kündigung aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen ausgesprochen, dann ist es das gute Recht eines jeden Arbeitnehmers, durch ein Gericht nachprüfen zu lassen, ob die vom Arbeitgeber der Kündigung zugrunde gelegten Fakten tatsächlich gegeben sind.

So kann ein Gericht zum Beispiel mit Hilfe von Zeugen oder Sachverständigen feststellen, wie es um den Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers bestellt ist, ob der Arbeitnehmer einen Kollegen tatsächlich beleidigt hat oder ob die Auftragslage im Unternehmen tatsächlich so schlecht ist, dass aus diesem Grund eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Die Verdachtskündigung als Ausnahme

Die große Ausnahme von dem ansonsten auf nachprüfbaren Tatsachen beruhenden Kündigungsrecht ist die so genannte Verdachtskündigung. Hier wird von den Gerichten die Kündigung eines Arbeitnehmers unter bestimmten Umständen auch dann als rechtmäßig akzeptiert, wenn der Arbeitgeber zur Begründung der Kündigung lediglich vortragen kann, dass er den dringenden Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer gegen Gesetze oder arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat.

Selbst wenn der Arbeitnehmer den ihm gemachten Vorwurf bestreitet, kann der bloße Verdacht eines Verstoßes, der weder im Zeitpunkt der Kündigung noch im sich anschließenden Kündigungsprozess vom Arbeitgeber nachgewiesen werden kann, für eine Kündigung ausreichend sein.

Voraussetzungen einer Verdachtskündigung

Eine Verdachtskündigung wird von den Arbeitsgerichten in Deutschland allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen als begründet akzeptiert.

Zunächst einmal kann eine Verdachtskündigung vom Arbeitgeber nur wegen eines – mutmaßlich – strafbaren Verhaltens oder eines schwerwiegenden Pflichtverstoßes ausgesprochen werden.

Der Verdacht des Arbeitgebers muss weiter auf nachprüfbaren Fakten beruhen und es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass der Verdacht des Arbeitgebers zutreffend ist.

Schließlich muss alleine durch den bestehenden Verdacht das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer derart erschüttert sein, dass dem Arbeitgeber eine weitere Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitarbeiter nicht weiter zumutbar ist.

Zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist auch die vorherige Anhörung des betroffenen Mitarbeiters. Diesem muss vom Arbeitgeber die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den Vorwürfen zu äußern und sie gegebenenfalls zu entkräften. Ohne vorherige Anhörung des Mitarbeiters ist jede Verdachtskündigung unwirksam.

Eine Verdachtskündigung kann als außerordentliche und fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Ein im vorstehenden Sinn begründeter Verdacht stellt aber auch eine soziale Rechtfertigung für eine ordentliche Kündigung dar.

Auch für die Verdachtskündigung gilt die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB

Auch bei einer Verdachtskündigung hat der Arbeitgeber die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu beachten. Danach ist eine Verdachtskündigung in Form einer außerordentlichen Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Arbeitgeber von den gegen den Arbeitnehmer gerichteten Verdächtigungen erfahren hat, zulässig.

Wartet der Arbeitgeber den Ausgang des gegen den Mitarbeiter gerichteten Strafverfahrens ab, kann er die Kündigung auch nach Abschluss des Strafverfahrens, dann gegebenenfalls als Tat- und nicht mehr als Verdachtskündigung, aussprechen.

Stellt sich im Nachhinein aber heraus, dass der gegen den gekündigten Mitarbeiter geäußerte Verdacht unbegründet ist, dann steht dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ein Anspruch auf Wiedereinstellung zu.