Was sind die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrages?

Steuerrechtliche Folgen

Wird im Rahmen des Abschlusses eine Abfindung vereinbart, war die Abfindung bislang in den Grenzen des § 3 Nr. 9 EstG steuerfrei, wenn das Arbeitsverhältnis auf arbeitgeberseitige oder auf gerichtliche Veranlassung hin endete.

Der Steuerfreibetrag für Abfindungen ist mit dem Gesetz zum Einstieg über ein steuerliches Sofortprogramm ab 01.01.2006 entfallen. Für Verträge über Abfindungen (also z.B. im Rahmen von Aufhebungsverträgen oder Abwicklungsverträgen), Entscheidungen durch das Gericht oder Entlassungen vor dem 01.01.2006 gilt jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung.

Danach gilt: Wer bis zum 31.12.2005 noch eine Vereinbarung über eine Abfindung getroffen oder zumindest eine (Kündigungsschutz-) Klage eingereicht hatte, kann die steuerlichen Freibeträge noch in Anspruch nehmen, wenn die Abfindung dem Arbeitnehmer bis spätestens 31.12.2007 zufließt.

Abfindungen, die nach dem 31.12.2005 vereinbart wurden bzw. noch werden, sind nicht mehr steuerfrei, sondern müssen voll vom Arbeitnehmer versteuert werden. Unter Umständen kann jedoch bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen eine Steuerermäßigung in Betracht kommen.

Nachfolgende Ausführungen zu den Steuerfreibeträgen gelten nur für die "Altfälle" bzw. die Fälle, die unter die Übergangsregelungen fallen:

  • unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers und der Dauer des Arbeitsverhältnisses maximal 7.200 Euro

  • hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr bereits vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, erhöht sich der steuerfreie Höchstbetrag auf € 9.000

  • hat der Arbeitnehmer bereits das 55. Lebensjahr vollendet und bestand das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre, erhöht sich der steuerfreie Höchstbetrag auf € 11.000

Ist die Abfindung höher als die oben genannten Freibeträge, dann muss für den überschießenden Teil Lohnsteuer gezahlt werden.

Diese kann jedoch bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen steuerermäßigt sein.

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

  • Für den Arbeitnehmer

    In sozialversicherungs-rechtlicher Hinsicht sind für den Arbeitnehmer insbesondere die Folgen für einen künftigen Arbeitslosengeldanspruch von Bedeutung. Muss sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Aufhebungsvertrag arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen, kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages dazu führen, dass er Arbeitslosengeld nur in eingeschränktem Umfang erhält.

    In der Regel verhängt das Arbeitsamt eine Sperrfrist von in der Regel 12 Wochen, in denen der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld erhält. In besonderen Härtefällen kann die Sperrzeit auch kürzer sein. Hintergrund für die Sperrzeitregelung ist der Umstand, dass der Arbeitnehmer selbst zum Verlust seines Arbeitsplatzes beigetragen hat, da er durch seine Unterschrift auf dem Auflösungsvertrag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses letztendlich zugestimmt hat.

    Eine Sperrzeit wird ausnahmsweise nicht verhängt, wenn der Arbeitnehmer vorbringen kann, dass er für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen wichtigen Grund hatte. Als wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe können beispielsweise anerkannt werden, wenn der Arbeitgeber z.B. nachhaltig zwingende Vorschriften des Arbeitsschutzes nicht eingehalten hat oder die Arbeit dem Arbeitnehmer körperlich oder geistig nicht mehr zugemutet werden kann. Im Einzelfall können auch persönliche Gründe, wie z.B. gesundheitliche Gründe oder ein Familiennachzug anerkannt werden.

    Einen wichtigen Grund nimmt das Arbeitsamt in der Regel nicht (mehr) an, wenn der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer ansonsten arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung oder im Anschluss hieran geschlossen wurde, insbesondere wenn der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält. Auch in diesen Fällen droht in aller Regel eine Sperrzeit und Kürzung des Arbeitslosengeldes.

    In der Praxis hatte man sich in diesen Fällen zur Vermeidung einer Sperrzeitanordnung bislang damit beholfen, dass der Arbeitgeber die betriebsbedingte Kündigung ausspricht und sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer anschließend in einem sog. Abwicklungsvertrag über die Modalitäten des Ausscheidens (z.B. Abfindung) einigen.

    Der Arbeitnehmer hat damit die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgeber -in aller Regel gegen Zahlung einer Abfindung- hingenommen. In diesem Fällen verhängte die Agentur für Arbeit regelmäßig keine Sperrzeit, es sei denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten alleine aus diesem Grunde eine solche Vorgehensweise im Vorfeld abgesprochen und die Agentur für Arbeit ist dahintergekommen.

    Aufgrund einer neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes schützt jedoch nunmehr auch ein solcher Abwicklungsvertrag nicht mehr eindeutig vor der Verhängung einer Sperrzeit und einer Kürzung des Arbeitslosengeldes. Ausnahmen können jedoch unter gewissen Umständen und abhängig vom Einzelfall möglich sein. Ein Arbeitnehmer, der vor dem Abschluss eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrages steht, sollte sich daher über die Auswirkungen auf sein Arbeitslosengeld stets informieren bzw. beraten lassen.

  • Entgegen einer landläufigen Meinung werden Abfindungen nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Abfindungen können jedoch zu einem zeitweisen Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches führen, wenn der Arbeitnehmer ohne Einhaltung der für sein Arbeitsverhältnis grundsätzlich maßgebenden ordentlichen Kündigungsfrist ausgeschieden ist.

    D.h. endet das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem früheren Zeitpunkt als es bei einer Kündigung bei Einhaltung der Kündigungsfristen geendet hätte, muss der Arbeitnehmer mit einem Ruhen seines Arbeitslosengeldanspruches rechnen, wenn er eine Abfindung oder eine ähnliche Entlassungsentschädigung erhalten hat. In diesem Falle verschiebt sich der Beginn der Arbeitslosengeldzahlung zeitlich nach hinten, ohne dass jedoch allein hierdurch die Gesamtdauer des Anspruches berührt wird.

    Übrigens: Als Entlassungsentschädigung gilt beispielweise auch die finanzielle Abgeltung des noch verbleibenden Resturlaubes.

    In Anbetracht der z.T. sehr gravierenden Auswirkungen eines Aufhebungsvertrages in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht ist es für den Arbeitnehmer unverzichtbar, dass er sich vor Abschluss des Aufhebungsvertrages über die Auswirkungen in seinem konkreten Fall beraten lässt.

    Insbesondere soll er mit der für ihn zuständigen Agentur für Arbeit Rücksprache hinsichtlich der möglichen Folgen auf seinen Arbeitslosengeldanspruch und damit auch hinsichtlich des Fortbestandes seiner Kranken- und Pflegeversicherung halten. Für den Arbeitgeber empfiehlt es sich dringend, den Arbeitnehmer deutlich darauf hinzuweisen, dass sozialversicherungsrechtliche Nachteile drohen können und der Arbeitnehmer insofern entsprechende Auskünfte einholen soll.

  • Für den Arbeitgeber

    Für den Arbeitgeber sind bislang in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht insbesondere Aufhebungsverträge mit älteren Arbeitnehmern von Bedeutung gewesen, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits das 55. Lebensjahr vollendet haben. Bei Vorliegen von bestimmten Voraussetzungen sind die Arbeitgeber nämlich verpflichtet, der Bundesanstalt für Arbeit das Arbeitslosengeld sowie die Sozialversicherungsbeträge für eine bestimmte Höchstdauer ab Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen zu erstatten.

    Diese Erstattungsregelung ist jedoch nunmehr zum 01.02.2006 (weitestgehend) entfallen.

    Scheidet der betroffene Arbeitnehmer erst nach dem 31.01.2006 aus und kann er damit frühestens zum 01.02.2006 arbeitslos werden, trägt der Arbeitgeber grundsätzlich kein Risiko mehr, dass er der Agentur für Arbeit das von ihnen gezahlte Arbeitslosengeld und die Sozialversicherungsbeträge erstatten muss.

    Der Wegfall der Regelung hängt damit zusammen, dass gleichzeitig mit dem 01.02.2006 der Arbeitslosengeldanspruch der älteren Arbeitnehmer verkürzt wurde und daher der Anreiz für "Frühverrentungen" entfallen ist. Aber auch hier gibt es kleine Übergangsregelungen. Sollte der jeweilige Betroffene ausnahmsweise aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen doch einen längeren Arbeitslosengeldanspruch haben, können noch Erstattungspflichten auf den Arbeitgeber zukommen.

    Für den Arbeitgeber empfiehlt es sich daher im Vorfeld einer Beendigungsvereinbarung ggf. mögliche Ansprüche kurz überprüfen zu lassen. Alle Altfälle (=Beendigungen vor dem 01.02.2006) sind jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen noch von dem Erstattungsrisiko betroffen. Die Ausführungen zu den Voraussetzungen der Erstattungspflicht, den Ausnahmen und Befreiungen von dieser Pflicht, würden den Rahmen dieses Ratgebers sprengen. Dem Arbeitgeber wird daher empfohlen, falls er von der Agentur für Arbeit ggf. in Anspruch genommen wird, rechtlich prüfen zu lassen, ob nicht ggf. ein Ausnahme- oder Befreiungsttatbestand zu seinen Gunsten greift.